Thursday, September 28, 2006

"Wäre ich ein Linker...


würde ich die ganze Emanzentruppe vor mir flach legen." So Lisa´s Freudsche Lese-Fehlleistung. Find ich großartig, diese Abwandlung, ich möchte bitte, dass Handtaschen, Lederstiefel, pinke Buttons und Mädchenshirts damit bedruckt werden. Lustig (?) ist ja, dass der Wolfi damit durchaus ein identitätsstiftendes Moment männlicher linker Zecken angesprochen hat.

Wie dem auch sei, eigentlich sollte ich lernen, vielleicht habt ihr ja noch ein paar Vorschläge, was ich statt dessen tun könnte, bis jetzt erledigt:

- Zimmer aufräumen
- Mit allen möglichen Menschen skypen
- Nachrichten lesen
- ppoe.or.at lesen
- Fotoshoppen
- Rausfinden, warum es Liste "Matin" heißt
- Musik runterladen
- Mit Nacho Friedenspfeifen rauchen
- E-Mails schreiben
- Froh sein, dass ich den Wahlkampf nicht miterlebe
- Blog schreiben
- Mich über die chilenische Zollbehörde ärgern, die mir in Kollaboration mit der Post meine neue Digicam vorenthalten will
- Pause vom nicht Lernen machen
- Ein schlechtes Gewissen haben, weil wir sogar unterrichtsfrei sind diese Woche wegen den Prüfungen in der kommenden und ich die Zeit inadäquat nutze

Achja, und weil ich immer so viel von den Anden schwafle, hier mal ein Foto. Wenn ich beim Fenster rausschau, seh ich sie auch. Schön sind sie.

Monday, September 25, 2006

Genug hab ich

Also die Sache ist so: Sonntag nachmittag sitz ich stundenlang beim Blogtext schreiben und Blogfotos bearbeiten, und dann geht das Internet mal wieder nicht und nix ist mit Veroeffentlichen (ihr braucht euch gar nicht ueber meine Umlautschreibweise wundern, ich sitz im Computerraum, weil bei der Internetgeschwindigkeit in meinem Zimmer werd ich noch wahnsinnig). Dann wart ich also bis Montag abend, bis das Internet wieder geht, und pro Foto braucht's bei meinem Anschluss oben durchschnittlich 5 Minuten bis es hochgeladen ist. Ich lass das alles ueber mich ergehen, meine Eitelkeit und mein Mitteilungsbeduerfnis sind staerker.
Ich hab mir so eine schoene chronologische Reihenfolge zurecht gelegt, in der ich die einzelnen Reiseziele bzw. dort verbrachten Tage als Posts veroeffentlichen wollte. Und dann hab ich das Viertel San Telmo in Buenos Aires vergessen. Ich weiss nicht, ob ich bloed bin oder blogger.com, jedenfalls ist es unmoeglich, einen erst spaeter erstellten Post vor einem schon frueher erstellten zu veroeffentlichen. Dahin ist also die schoene Reihenfolge. Die einzige Moeglichkeit sie zu retten, waere gewesen, alle Posts zu loeschen bis zu dem, wo dann San Telmo hingehoerte. Meine Eitelkeit ist jetzt aber nicht mehr staerker. Ich setz mich doch nicht nochmal 3h hin. Geht also bei der Lektuere bitte wie folgt vor: 1. Eintrag: da da da baeh glucks (Melonenheimat ignorieren). Dann geht's weiter wie es auch veroeffentlicht ist und wo auch immer ihr wollt - Hauptsache vor Cordoba, weil der Meloneneintrat gehoert zu B.A. - koennt ihr dann die Melonenheimat lesen. Danke. Gute Nacht.

PS: Sonja, auf dem Sushifoto hab ich das Erdbeerhemd an

Melonenheimat

San Telmo ist nicht nur huebsch anzusehen, sondern auch ein einziges verlockendes Antiquitätenmarktviertel. Als die Reichen irgendwann um 1870 die Gegend verließen haben die NachmieterInnen begonnen sämtliche Restbestände zu verkaufen, davon ist offenbar bis heute genug da. Sonja wird sich freuen.





































da da da bäh glucks oder die Reise war großartig



Buenos Aires…
…ist meine Stadt. Alles, was darüber gesagt wird, ist wahr. ArgentinierInnen sind herzlich, freundlich, offen und stylisch, was kein Wunder ist, denn es gibt schönes und günstiges Gewand, darüber hinaus billiges und leckeres Essen – was soll mein Leben nach diesem Steak in B.A. kulinarisch noch für mich bereit halten? – und das alles vor einem äußerst adretten und vielseitigen Stadtbild. Und das argentinische Spanisch ist grossartig.
Weniger adrett war die 24-stündige Busfahrt von Santiago nach Buenos Aires, weil anstrengend und mit 3h Wartezeit an der Grenze. Zwar konnte das spektakuläre Andensetting das wieder wett machen, ein betrunkener polnischer junger Mitfahrer hätte mir jedoch fast die Laune verdorben. I heard you speak german. Whenever i hear people speaking german, i could kill them. Äh… Because of Auschwitz. Was soll mensch darauf sagen? Gut gemacht, netter Einstieg in die Unterhaltung. Do you know Heidegger? Have you read Heidegger? Yes. Did you understand him? I think you didn´t because… Because? Because women can´t understand Heidegger.
Apropos Anden: kurz vor der chilenisch-argentinischen Grenze sind wir in El Portillo vorbeigekommen. Das Skigebiet, in dem das ÖSV-Team im europäischen Sommer zu trainieren pflegt. Hab mich beim Anblick des nicht enden wollenden Sessellifts, der Steilhänge, Tiefschnee- und präparierten Pisten recht geärgert darüber, dass ich mich ins Dodelskigebiet bringen hab lassen. Nunja, da aber Argentinien trotz niedriger Preise und der Tatsache, dass wir bei Lisas Freundin Anne, die in B.A. ein Auslandsjahr macht, schlafen konnten, mein finanzieller Ruin war, wird wohl nix aus einem Weltklasseskigebiettag. Das wars aber wert: Buenos Aires sehen und sterben.

Seht selbst

Sonntag Nachmittag haben wir wie jede/r anständige „porteño“ verbracht, in einem Park in Palermo und anschließend auf der Plaza Serano, wo in sämtlichen umliegenden Bars und Cafes am Wochenende Kleiderständer Tisch und Sessel verdrängen. JungdesigerInnen verkaufen hier ihr sensationelles Gewand zu sensationellen Preisen.



Park


Plaza Serano


Danach


Noch spaeter

Braucht jede Stadt einen Schwanz?

Während unseres Spaziergangs durchs Microcentro brach leider bereits die Dunkelheit ein, deshalb kaum Fotos, nur eines vom riesigen Phallussymbol bei Nacht, dem Obelisken. Wozu sind eigentlich Obelisken gut, hab ich mich gefragt, und Wikipedia hat mir die Antwort gegeben: Sie stellten im alten Ägypten die zu Stein gewordenen Strahlen des Sonnengottes dar und sind die Verbindung zwischen der hiesigen und der Götterwelt. Na, ich weiß nicht. Was machen die Teile dann außerhalb vom alten Ägypten?

Stadt der Toten

So beeindruckend wie dekadent war der „Cementerio de la Recoleta“, eine Nekropolis aus Mausoleenstraßen. Eva Perón ruht auch dort, in einem vergleichsweise unaufregenden Grabmal.










Bunt, touristisch, schön

An meinem letzten Tag haben wir „La Boca“, das Hafen- bzw. Arbeiterviertel besucht, genauer gesagt den touri-tauglichen Teil davon, „El Caminito“. Italienische Hafenarbeiter sollen die bunten Wellbleche der Schiffe mitgenommen und sich ihre Häuser damit gebaut haben. Auch soll der Tango dort an irgendeiner Straßenecke entstanden sein, Vorführung hab ich keine gesehen, omnipräsent ist er trotzdem. Fußballlegenden entstehen dort ebenfalls, wie Diego Maradona, der im „Boca Junior Soccer Team“ sein Fußwerk gelernt hat.





























Das seelische Wrack

Verstörend war unser Ausflug nach „El Tigre“, das argentinische Venedig eine Stunde von Buenos Aires. Lisa glaubt, bei der Deltarundfahrt waren wir die einzigen unter 60, und während alle anderen Schilf und Häuser fotografierten, haben wir uns auf die Schiffswracks konzentriert. Ich kann euch jedenfalls nur raten: macht keine Flussschifffahrt (das schaut sich schön an, das Wort), wenn ein Ort nicht ausdrücklich für seine wunderschönen Flussschifffahrten bekannt ist. Das ist bei mir jetzt das dritte Mal ein Reinfall gewesen.


Lustig find ich, dass auf dem Schiff Nacho steht. Lustige Wassertankstelle

Sunday, September 24, 2006

Cordoba

… ist schön, aber nicht so schön wie mein Ami-Reiseführer behauptet hat. Vielleicht können EuropäerInnen Kolonialstädte auch einfach nur weniger beeindrucken. Als Unistadt sicher ein netter Ort zum leben, mit knapp 1,2 Millionen EinwohnerInnen mir persönlich aber zu überschaubar. Naja, und eben weil mich die Kolonialstilgebäude nicht so überwältigt haben, gibt’s auch wenig Fotos davon. Dass es überhaupt welche gibt haben wir Simon, dem jungen deutschen Medizinstudenten zu verdanken. Der war nett und auch praktisch. Er hatte starke Arme, um meine Tasche zu tragen, einen Fotoapparat - auf meinen wart ich immer noch, ebenso auf die Wahlkarte - und immer die Orientierung. Und eine Freundin zuhause. Aber auch sonst war er kein Grund zum Eifersüchtig sein, Liebster.
Die Gedärme am Fleischmarkt hingegen haben´s mir angetan, deshalb davon ein paar Fotos und noch ein paar Eindrücke.



Besagte Markthalle, ein paar Mägen mit Nieren gefällig, oder doch lieber mit Zunge?



Ob die Empanadas deshalb so gut waren, weiß ich nicht. Mein kulinarisches Höhepunkt-Er-Leben hat jedenfalls glücklicherweise nicht mit dem Steak geendet.



Eine Kolonialstilkirche, Simon beim Orientieren und noch eine Kirche






Zwei weitere Bekanntschaften möchte ich euch auch vorstellen, jedoch ohne Fotos. Oscar ist Argentinier, argentinischer Masseur, argentinischer tantrische Massagen-Masseur. Er streichelt nackte Menschen so lange, bis sie einen Orgasmus haben, ohne ihre Genitalien zu berühren. Das weiß ich nicht aus Erfahrung, sondern weil er´s mir erzählt hat. Danach hab ich ihm dann geglaubt, dass er Frauen kennt, die mit ihm reisen und die Spesen übernehmen. Ich weiß noch nicht, ob ich lieber so eine Massage bekommen oder selbst diese Massagekunst erlernen möchte. Achja, und: „Wenn sie wollen, schlafen sie nachher mit mir, wenn nicht, dann ist es auch gut“.
Andere Sorgen hatte Erwin, Chilene aus Valdívia, ein paar gute Stunden von Santiago entfernt. Er ist so was von links und ein Gespräch mit ihm auf der Terrasse vom Youth Hostel war so was von interessant – nicht nur, weil ich breit war. Ich dachte mir schon, dass er noch mehr zu sagen hätte, als er meinte, Chile sei ein neoliberales Land. Wie er das findet, hab ich ihn gefragt, und schon hatte ich die schönste linke chilenische Geschichtsinterpretation seit meiner Ankunft hier. Ja, und bei der „Revolución pinguino“ haben die secundarios (Schulstufe der 10-16jährigen) nach der Ankündigung eines neuen Bildungsgesetzes, das der Privatwirtschaft den Zugang zum Bildungssektor weiter erleichtern sollte, landesweit ihre Schulen besetzt. So lange und so gut organisiert, bis Bachelet die Bildung einer Kommission zur Ausarbeitung eines neuen Gesetzesentwurfs veranlasste. Warum passiert bei uns so was nie? Kinder und Teenies besetzen ihre Schulen? Das hat laut Erwin weite Teile der Bevölkerung schwer beeindruckt, die Regierung war wie paralysiert und die SchülerInnen haben jetzt ihre Vertretung in der Kommission. So stell ich mir wirksamen Widerstand vor. Mal sehen, wie es weitergeht.

Hab in den zwei Tagen allein – Lisa hab ich in B.A. gelassen… nach Cordoba wollt sie nicht, das sieht sie im Jänner noch, ihre anschließende Reise geht nach Argentinien – und in der Jugendherberge einen Vorgeschmack auf unsere Reise nachher bekommen, und mein Reisefieber steigt täglich. Wirklich, ich mag alle meine FreundInnen, furchtbar gern, aber man lernt so interessante Menschen kennen auf Reisen… deutsche Handwerker, die arbeitslos geworden sind und ein Jahr durch Südamerika reisen, anstatt sich einen neuen Job zu suchen, argentinische Nachwuchsbandsänger – mit Weed, linke Studierende, tantrische Masseure… Nomadenleben, ich komme. Warum hab ich niemanden, der mir meine Reisen zahlt?

Thursday, September 14, 2006

Failing with consequence, losing with eloquence

Zum vergangenen Wochenende
Wir sprechen von jenem Freitag, an dem ich snowboarden war. Damals hatte ich noch ein Leben. Wenn auch kein überwältigend spannendes, die Pisten wiesen eine durchschnittliche Steigung von 50 % auf, und die Anden hab ich mir auch beeindruckender vorgestellt. Alles in allem war der Klassenausflug – das halbe Heim ist gefahren – aber sein Geld wert. Großartig war, unsere südamerikanischen MitbewohnerInnen das erste Mal auf Skiern zu sehen. Da gab´s auch eine Steigung von 50 %, zwischen Gesäß und Hinterkopf.

Zum Rest
Wir sprechen von Freitag Abend bis heute Früh. Da hatte ich kein Leben, sondern Prüfungen. Mein durchschnittliches Lernpensum war 23,5 h am Tag, meine Auffassungsgabe hab ich mir rascher vorgestellt. Alles in allem weiß ich weder bei der Ethik- noch bei der Economia chilena-Zwischenprüfung ob ich positiv bin. Großartig? Nichts. Doch, jetzt ist erst mal alles vorbei. Ab Freitag haben wir eine Woche Ferien und fahren zunächst nach Buenos Aires.

Zu meinem psychischen Zustand
Ich bin eine Versagerin. Bei der Fottotschopp-Prüfung hatte ich auch schon keine Ahnung, ich bin eine schlechte fototschoppera, wie Mao das ausgedrückt hat. Und hab ich schon irgendwann mal erwähnt, dass ich bei der ersten Economia chilena Zwischenprüfung durchgefallen bin? Ich hatte ein 3,5 von 7. Kann mir mal jemand erklären, warum es ein Notensystem – mit Kommanoten! – gibt, bei dem die ersten 3 Werte – inklusive Kommanoten – negativ sind? Was bedeutet das dann? 3 = nicht genügend, 2 = völlig ahnungslos, 1 = minderbemittelt? Jedenfalls bin ich konsequenterweise nicht in der Lage, früh genug mit der Lektüre zu beginnen. So kann das nicht weiter gehen. Jetzt geh ich an die Uni und krieg ich wohl die Ethikprüfung zurück. Wenn ich negativ bin verkauf ich mich in Argentinien an einen Menschenhändlerring. Ich möchte bitte, dass das Geld einem Verein zur Förderung der Askese und Kasteiung zu gute kommt. Das sind nämlich – laut meinem Ethikprof, der mich langsam nervt mit seiner „ich hab die Weisheit mit dem Löffel gefressen und muss die Gesellschaft bekehren“-Didaktik – die Schlüssel zur Disziplin, die wiederum allen erfolgreichen Menschen vertraute Lebenshaltung ist.

Zum Heim
Die Buben haben sich eine Spielzeugratte gekauft, mit roten blinkenden Augen und einer Schnur, die das Viech laufen macht, wenn man daran zieht. Nach der Reihe haben sie damit die Mädchen erschreckt. Als ich in den Fernsehsaal gekommen bin und weder geschrieen hab noch auf den Sessel gehüpft bin, ja noch nicht mal mit der Wimper gezuckt habe, wie mensch so schön sagt, hab ich mir zum hundertsten mal anhören können: „Die ÖsterreicherInnen haben einen Eispflock im Herzen“. (Lisa und ich sitzen beim Mittagessen, Nacho kommt mit zwei Einkaufssackerln und fängt an, uns jedes einzelne Produkt zu zeigen. Er hält es dabei neben seinen Kopf und über unsere Teller, sagt uns, was es ist, wie toll es ist und wofür er es verwenden wird. Alfonso, der hübsche Mexikaner, geht vorbei und erkundigt sich nach unserem Befinden. Ich lade ihn zur Ausstellung ein. Weil sie gratis ist. Das hat mit den vorerst letzten Eispflock-Vorwurf von Nacho eingebracht. Ohne ein weiteres Wort hat er seine Einkäufe genommen – auch die ungezeigten – ist in sein Zimmer gegangen und redet seitdem nicht mehr mit uns. Wie ein kleiner Bub, der beleidigt ist auf seine Mama weil sie seinem Hauferl im Topf keine Aufmerksamkeit geschenkt hat. Wenn ich jedes Mal, nachdem er mich Hurenkind geschimpft hat, so lange nicht mit ihm reden würde, müsste ich ihn in vier nächsten Leben mehrere Monate lang täglich sehen, um das durchzuziehen. Wie auch immer, er ist hoffentlich noch lange beleidigt.)
Jedenfalls machen sie immer Fotos von den Erschrockenen, und beim Kollektivanschauen lachen sie dann so, wie Oli und ich damals über Jenny gelacht haben, als sie vor uns im Schlepplift gefahren ist, uns beweisen wollte, dass auch sie Slalom in der Lifttrasse fahren kann, dabei den Bügel verloren hat und sich dann die ganze restliche Strecke bei einer Steigung von ca. 80 % an den Bügel geklammert, die Knie gebeugt und den Hintern rausgestreckt hat. Was ich damit sagen will, sie lachen als wäre es das lustigste, was sie jemals erlebt haben – sorry Schätzchen, ich weiß, es ist mindestens 10 Jahre her, aber bis heute ungeschlagen, ich hab schon wieder Bauchweh vor lachen in der Erinnerung.
Sie kommen mir vor wie Jäger, die ein Mammut durch eine Falle erlegen und dann stolz die Beute betrachten und besprechen. Ich weiß nicht ob ich das mehr zum Kopf schütteln finde oder die Tatsache, dass es wirklich Mädchen gibt die schreiend vor einer Spielzeugratte davonlaufen. Wenn es wenigstens eine echte Ratte wäre, und echte FotografInnen, und immer derselbe Raum. Dann hätte das ganze schon wieder was Künstlerisches. Aber auch was Tierquälerisches, oder?
Übrigens ist es Jenny ungefähr 5 Meter vor dem Ausstieg gelungen, den Bügel wieder unter den Hintern zu schieben.

Zu meinen LeserInnen
Gibt es überhaupt welche?

Monday, September 04, 2006

Immobilienmaklerin oder Verwaltungsreformerin?

Stellt euch den perfekten Sonntagnachmittag vor und verlegt ihn auf eine Dachterasse in Santiagos Barrio Brasil - dann könnt ihr euch ungefähr vorstellen wie großartig mein gestriger Tag war.
Wir sind der Einladung einer Diskobekanntschaftin zum Brunch gefolgt und wurden belohnt mit Anden-Panoramablick, strahlendem Sonnenschein, lustigen ZeitgenossInnen, Spielzeug, Chill-Out-Musik aus dem Radio - diese Radiosender hier, aber hallo - und allem was sonst noch dazugehört...









Danach sind wir noch durch das Viertel spaziert, waren traurig, weil wir dort nicht wohnen und haben versucht, uns alle Vorteile unserer Bleibe ins Gedächtnis zu rufen. Uninähe beispielsweise. Oder Internet. Das lustige Heim nicht zu vergessen. Im Reiseführer wird das Barrio Brasil als "bohemian-style" beschrieben, früher ein besseres Viertel, dann verlassen, und langsam ziehen immer mehr junge Leute und Familien wieder dort hin.
So beim Dahinschlendern haben wir unzählige leerstehende Kolonialstilhäuser gesehen, mit meterhohen Fenstern, Erkern, Terassen - und sind auf die Idee gekommen uns als Immobilienmaklerinnen in Santiago niederzulassen. Lisa war zwar nicht so überzeugt davon, aber ich hab die Gedanken weitergesponnen und wollte am Ende schon Lokalpolitikerin werden. Jedenfalls, so ein Infrastrukturprojekt fürs Barrio Brasil wäre schon reizvoll. Etwaiger Gewinn würde in das Projekt "Aufarbeitung der Pinochetvergangenheit" oder so fließen. Auch da waren Lisa und ich nicht ganz einer Meinung. Sie wollte lieber in Sonnenbrillen und Röhrenjeans investieren. Hat mich mit dieser nicht ganz ernst gemeinten Bemerkung aber in einen Gewissenskonflikt darüber gestürzt, ob Geld nicht vielleicht tatsächlich irgendwo dringender gebraucht wird.















































Heute Morgen wars dann kurz aus mit glücklich sein in Santiago. Langsam wird die Sache mit meinem Studierendenvisum so grotesk, dass mensch einen chilenischen Ableger von MA 2412 drehen könnte. Es reicht nicht, dass das chilenische Konsulat in Wien erniedrigende Anforderungen wie Aidstest, Blutbefund, ärztliches Attest über meine physische und psychische Auslandssemesterfähigkeit, Führungszeugnis und Einkommensnachweis verlangt und sich 110 Euro blechen lässt. Ins Land eingereist muss mensch zwei weitere Wege erledigen. Das eine ist, zur Policia Internacional gehen – nachdem man Geld für Passfotos mit Name und Passnummer ausgegeben hat – und sich dort einen Wisch ausstellen lassen, auf dem Personalien, Foto und das Ablaufdatum des Visums stehen. Vom Einreisedatum sechs Monate voraus zu rechnen kann nicht so schwer sein, oder? Doch, und leider bin ich auch erst draufgekommen, als ich schon bei der zweiten Behörde, beim Registro Civil war. Dort muss ich mir nämlich mit dem Bescheid von der P.I. eine ID-Card ausstellen lassen. Weil aber das Visums-Ablaufdatum falsch war, musste ich noch mal zur P.I. tingeln – wo ich, mit demselben Beamten, der das falsche Datum draufgeschrieben hat!, streiten musste, ob sechs Monate vom 25. Juli weg dann der 25. Jänner oder der 25. Februar ist. Dann war ich noch zweimal beim Registro, einmal hatte es zu wegen zweitägiger Umbauarbeiten und einmal ist nach 2h Wartezeit das System abgestürzt. Als ich heute das mittlerweile vierte Mal dort war, hat mir die Beamtin erklärt, sie kann mir leider keine ID-Card ausstellen, dafür hätte ich nämlich innerhalb der ersten 30 Tage nach der Einreise kommen müssen…Wann denn, an dem Tag zum Beispiel, an dem ich gleich alles erledigen wollte und zur P.I. zurückgeschickt wurde? Oder hätte vielleicht auch der Tag gereicht, an dem ihr umgebaut habt? Ja, hätte, aber das hat sie alles nicht interessiert, so kann sie mir keinen Ausweis ausstellen. Bald hätt ich sie beschimpft, hab aber dann doch nur „mierda burocracia“ grummelnd den voll gestopften Wartesaal verlassen. Mit einem Zettel in der Hand, auf dem die Adresse vom Innenministerium steht. Da muss ich nämlich jetzt hin, um mir bestätigen zu lassen, dass das 30-Tage-Frist-Versäumnis nicht meine Schuld ist. Oder ich zahle mal wieder, aber auch Strafe kassieren darf nur das Innenministerium, Angelegenheit für Ausländer, zweiter Stock.