Thursday, September 14, 2006

Failing with consequence, losing with eloquence

Zum vergangenen Wochenende
Wir sprechen von jenem Freitag, an dem ich snowboarden war. Damals hatte ich noch ein Leben. Wenn auch kein überwältigend spannendes, die Pisten wiesen eine durchschnittliche Steigung von 50 % auf, und die Anden hab ich mir auch beeindruckender vorgestellt. Alles in allem war der Klassenausflug – das halbe Heim ist gefahren – aber sein Geld wert. Großartig war, unsere südamerikanischen MitbewohnerInnen das erste Mal auf Skiern zu sehen. Da gab´s auch eine Steigung von 50 %, zwischen Gesäß und Hinterkopf.

Zum Rest
Wir sprechen von Freitag Abend bis heute Früh. Da hatte ich kein Leben, sondern Prüfungen. Mein durchschnittliches Lernpensum war 23,5 h am Tag, meine Auffassungsgabe hab ich mir rascher vorgestellt. Alles in allem weiß ich weder bei der Ethik- noch bei der Economia chilena-Zwischenprüfung ob ich positiv bin. Großartig? Nichts. Doch, jetzt ist erst mal alles vorbei. Ab Freitag haben wir eine Woche Ferien und fahren zunächst nach Buenos Aires.

Zu meinem psychischen Zustand
Ich bin eine Versagerin. Bei der Fottotschopp-Prüfung hatte ich auch schon keine Ahnung, ich bin eine schlechte fototschoppera, wie Mao das ausgedrückt hat. Und hab ich schon irgendwann mal erwähnt, dass ich bei der ersten Economia chilena Zwischenprüfung durchgefallen bin? Ich hatte ein 3,5 von 7. Kann mir mal jemand erklären, warum es ein Notensystem – mit Kommanoten! – gibt, bei dem die ersten 3 Werte – inklusive Kommanoten – negativ sind? Was bedeutet das dann? 3 = nicht genügend, 2 = völlig ahnungslos, 1 = minderbemittelt? Jedenfalls bin ich konsequenterweise nicht in der Lage, früh genug mit der Lektüre zu beginnen. So kann das nicht weiter gehen. Jetzt geh ich an die Uni und krieg ich wohl die Ethikprüfung zurück. Wenn ich negativ bin verkauf ich mich in Argentinien an einen Menschenhändlerring. Ich möchte bitte, dass das Geld einem Verein zur Förderung der Askese und Kasteiung zu gute kommt. Das sind nämlich – laut meinem Ethikprof, der mich langsam nervt mit seiner „ich hab die Weisheit mit dem Löffel gefressen und muss die Gesellschaft bekehren“-Didaktik – die Schlüssel zur Disziplin, die wiederum allen erfolgreichen Menschen vertraute Lebenshaltung ist.

Zum Heim
Die Buben haben sich eine Spielzeugratte gekauft, mit roten blinkenden Augen und einer Schnur, die das Viech laufen macht, wenn man daran zieht. Nach der Reihe haben sie damit die Mädchen erschreckt. Als ich in den Fernsehsaal gekommen bin und weder geschrieen hab noch auf den Sessel gehüpft bin, ja noch nicht mal mit der Wimper gezuckt habe, wie mensch so schön sagt, hab ich mir zum hundertsten mal anhören können: „Die ÖsterreicherInnen haben einen Eispflock im Herzen“. (Lisa und ich sitzen beim Mittagessen, Nacho kommt mit zwei Einkaufssackerln und fängt an, uns jedes einzelne Produkt zu zeigen. Er hält es dabei neben seinen Kopf und über unsere Teller, sagt uns, was es ist, wie toll es ist und wofür er es verwenden wird. Alfonso, der hübsche Mexikaner, geht vorbei und erkundigt sich nach unserem Befinden. Ich lade ihn zur Ausstellung ein. Weil sie gratis ist. Das hat mit den vorerst letzten Eispflock-Vorwurf von Nacho eingebracht. Ohne ein weiteres Wort hat er seine Einkäufe genommen – auch die ungezeigten – ist in sein Zimmer gegangen und redet seitdem nicht mehr mit uns. Wie ein kleiner Bub, der beleidigt ist auf seine Mama weil sie seinem Hauferl im Topf keine Aufmerksamkeit geschenkt hat. Wenn ich jedes Mal, nachdem er mich Hurenkind geschimpft hat, so lange nicht mit ihm reden würde, müsste ich ihn in vier nächsten Leben mehrere Monate lang täglich sehen, um das durchzuziehen. Wie auch immer, er ist hoffentlich noch lange beleidigt.)
Jedenfalls machen sie immer Fotos von den Erschrockenen, und beim Kollektivanschauen lachen sie dann so, wie Oli und ich damals über Jenny gelacht haben, als sie vor uns im Schlepplift gefahren ist, uns beweisen wollte, dass auch sie Slalom in der Lifttrasse fahren kann, dabei den Bügel verloren hat und sich dann die ganze restliche Strecke bei einer Steigung von ca. 80 % an den Bügel geklammert, die Knie gebeugt und den Hintern rausgestreckt hat. Was ich damit sagen will, sie lachen als wäre es das lustigste, was sie jemals erlebt haben – sorry Schätzchen, ich weiß, es ist mindestens 10 Jahre her, aber bis heute ungeschlagen, ich hab schon wieder Bauchweh vor lachen in der Erinnerung.
Sie kommen mir vor wie Jäger, die ein Mammut durch eine Falle erlegen und dann stolz die Beute betrachten und besprechen. Ich weiß nicht ob ich das mehr zum Kopf schütteln finde oder die Tatsache, dass es wirklich Mädchen gibt die schreiend vor einer Spielzeugratte davonlaufen. Wenn es wenigstens eine echte Ratte wäre, und echte FotografInnen, und immer derselbe Raum. Dann hätte das ganze schon wieder was Künstlerisches. Aber auch was Tierquälerisches, oder?
Übrigens ist es Jenny ungefähr 5 Meter vor dem Ausstieg gelungen, den Bügel wieder unter den Hintern zu schieben.

Zu meinen LeserInnen
Gibt es überhaupt welche?

6 Comments:

Anonymous Anonymous said...

Ja, LeserInnen gibts wie Sand am Meer, Erst vorgestern hab ich ein gespräch in der ubahn belauschen dürfen, in dem es um den Nacho und seinen Vogel aus dem sigame blog ging.
aber die sind wohl alle so schüchtern. also ich möcht hiermit den anfang machen und alle LeserInnen dazu auffordern, meinem guten Beispiel zu folgen und ebenfalls ein lebenszeichen zurückzulassen.
hochachtungsvoll
der flo

12:07 PM  
Anonymous Anonymous said...

und es gibt sie doch!

ich lese mit ungespielter begeisterung und freue mich über die schönen fotos. die mich nach santiago fliegen wollen machen. aber das erklär mal der sonja von der oberbank... im übrigen kenn ich niemand, der im ausland nicht mit ausufernder bürokratie, blöden vortragenden und idiotischen prüfungsmodi zu kämpfen hat(te), das nimmt man wohl stillschweigend in kauf wenn man den erasmus- bzw. wie-heißt-das-bei-dir?-vertrag unterschreibt.

ich wünsch dir einen 5er und viel spaß in buenos aires!
der flo mit p

3:24 PM  
Anonymous Anonymous said...

ich les deinen blog auch, so ises ja nicht. außerdem möchte ich bitte, dass du mehr zu schätzen weißt, dass ich aus reiner liebe zu dir meine milchprodukte mit dir teile, dir vegetarisches essen koche und trotz beißender kälte als nichtraucher mit dir rauchen gehe. dass ich dir ab und zu zuhöre und auch versuch das durch mimik und gestik zum ausdruck zu bringen, (was ich bei 99% der menschen nicht tu) nur damits dir auch auffällt und du's von den situationen unterscheiden kannst wo ich grad im stand-by modus bin, wie zb beim kindergartentaschen ansehen.
in liebe, dein vince
u know, sometimes, when people like each other, they say they don't but actually they do, they play hard to get, u know, they play games..
gaaaaaames? lovegaaaaames?

6:03 AM  
Blogger Belle said...

freundinnen und freunde,
ich bin überwältigt von dieser welle der zuneigung - monetäre unterstützung bitte ans unten angeführte spendenkonto. im übrigen hab ich einen fünfer auf die ethik prüfung, sogar einen 5,3er. das ist gut.
zu dir, liebe vince: ich weiß das alles sehr zu schätzen, und wenn ich zurückkomm werd ich mich beim schnitzer dafür bedanken, dass er dich nicht nach buenos aires geschickt hat. und ich lad dich zum running sutschi essen ein. sutschi-games... wir sehen uns dann im bus nach b.a.
ja, da ich nun packen muss: danke an alle und bis bald aus b.a.,
belle

8:04 AM  
Anonymous Anonymous said...

hallo isa
wo ein flo ist sind noch mehr,

lese immer wieder mit vergnügen deinen netten blog. wahrlich ein literarischer hochgenuss ;-)

gratuliere zum 5,3er. wusste doch, dass deine moralische Gesamthaltung (od. sittliche Lebensgrundsätze) noch nicht ganz verloren ist.

um ethik scheint sich in österreich im moment auch alles zu drehen. kann mich kaum entscheiden welche wahlplakate mehr brechreiz auslösen. auch lege ich dir den hc-strache rap ans herz (http://www.hcstrache.at/index.php?style=19)

würd mich freuen wenn wir mal skypen könnten oder so.

ansonsten muchos recuerdos de mi parte (???)

der flo mit B.

6:17 AM  
Anonymous Anonymous said...

liebe isabella,

schön, dass es dir gut geht.

lg.andrea

4:23 AM  

Post a Comment

<< Home