Sunday, September 24, 2006

Cordoba

… ist schön, aber nicht so schön wie mein Ami-Reiseführer behauptet hat. Vielleicht können EuropäerInnen Kolonialstädte auch einfach nur weniger beeindrucken. Als Unistadt sicher ein netter Ort zum leben, mit knapp 1,2 Millionen EinwohnerInnen mir persönlich aber zu überschaubar. Naja, und eben weil mich die Kolonialstilgebäude nicht so überwältigt haben, gibt’s auch wenig Fotos davon. Dass es überhaupt welche gibt haben wir Simon, dem jungen deutschen Medizinstudenten zu verdanken. Der war nett und auch praktisch. Er hatte starke Arme, um meine Tasche zu tragen, einen Fotoapparat - auf meinen wart ich immer noch, ebenso auf die Wahlkarte - und immer die Orientierung. Und eine Freundin zuhause. Aber auch sonst war er kein Grund zum Eifersüchtig sein, Liebster.
Die Gedärme am Fleischmarkt hingegen haben´s mir angetan, deshalb davon ein paar Fotos und noch ein paar Eindrücke.



Besagte Markthalle, ein paar Mägen mit Nieren gefällig, oder doch lieber mit Zunge?



Ob die Empanadas deshalb so gut waren, weiß ich nicht. Mein kulinarisches Höhepunkt-Er-Leben hat jedenfalls glücklicherweise nicht mit dem Steak geendet.



Eine Kolonialstilkirche, Simon beim Orientieren und noch eine Kirche






Zwei weitere Bekanntschaften möchte ich euch auch vorstellen, jedoch ohne Fotos. Oscar ist Argentinier, argentinischer Masseur, argentinischer tantrische Massagen-Masseur. Er streichelt nackte Menschen so lange, bis sie einen Orgasmus haben, ohne ihre Genitalien zu berühren. Das weiß ich nicht aus Erfahrung, sondern weil er´s mir erzählt hat. Danach hab ich ihm dann geglaubt, dass er Frauen kennt, die mit ihm reisen und die Spesen übernehmen. Ich weiß noch nicht, ob ich lieber so eine Massage bekommen oder selbst diese Massagekunst erlernen möchte. Achja, und: „Wenn sie wollen, schlafen sie nachher mit mir, wenn nicht, dann ist es auch gut“.
Andere Sorgen hatte Erwin, Chilene aus Valdívia, ein paar gute Stunden von Santiago entfernt. Er ist so was von links und ein Gespräch mit ihm auf der Terrasse vom Youth Hostel war so was von interessant – nicht nur, weil ich breit war. Ich dachte mir schon, dass er noch mehr zu sagen hätte, als er meinte, Chile sei ein neoliberales Land. Wie er das findet, hab ich ihn gefragt, und schon hatte ich die schönste linke chilenische Geschichtsinterpretation seit meiner Ankunft hier. Ja, und bei der „Revolución pinguino“ haben die secundarios (Schulstufe der 10-16jährigen) nach der Ankündigung eines neuen Bildungsgesetzes, das der Privatwirtschaft den Zugang zum Bildungssektor weiter erleichtern sollte, landesweit ihre Schulen besetzt. So lange und so gut organisiert, bis Bachelet die Bildung einer Kommission zur Ausarbeitung eines neuen Gesetzesentwurfs veranlasste. Warum passiert bei uns so was nie? Kinder und Teenies besetzen ihre Schulen? Das hat laut Erwin weite Teile der Bevölkerung schwer beeindruckt, die Regierung war wie paralysiert und die SchülerInnen haben jetzt ihre Vertretung in der Kommission. So stell ich mir wirksamen Widerstand vor. Mal sehen, wie es weitergeht.

Hab in den zwei Tagen allein – Lisa hab ich in B.A. gelassen… nach Cordoba wollt sie nicht, das sieht sie im Jänner noch, ihre anschließende Reise geht nach Argentinien – und in der Jugendherberge einen Vorgeschmack auf unsere Reise nachher bekommen, und mein Reisefieber steigt täglich. Wirklich, ich mag alle meine FreundInnen, furchtbar gern, aber man lernt so interessante Menschen kennen auf Reisen… deutsche Handwerker, die arbeitslos geworden sind und ein Jahr durch Südamerika reisen, anstatt sich einen neuen Job zu suchen, argentinische Nachwuchsbandsänger – mit Weed, linke Studierende, tantrische Masseure… Nomadenleben, ich komme. Warum hab ich niemanden, der mir meine Reisen zahlt?

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